Bericht über die Friedensfahrradtour 2023

Auf Achse für Frieden und Abrüstung und ein ziviles Europa - Friedensfahrradtour 2023 von Ingolstadt nach Lindau

Wenig baden, viel duschen. Der Wettergott hat es den Friedensradler:innen der 19. FFT des Landesverbandes der DFG-VK Bayern nicht leicht gemacht; doch sie haben nicht nur durchgehalten, sondern einmal mehr mit Engagement und Humor eine erfolgreiche Tour gestaltet.

Zum Auftakt  am Freitag, 28.07. traf ein Großteil der TN bereits am Nachmittag ein, um in einem „Friedenscafé“ in der Jugendherberge in Ingolstadt über unterschiedliche Perspektiven des Kriegs in der Ukraine zu diskutieren. Angelehnt an die Methode eines „world-cafés“ sprachen die Teinehmenden und einige interessierte Ingolstädter:innen in kleinen, wechselnden Viererrunden über Möglichkeiten, diesen Krieg zu beenden.

Weitere Friedenscafés fanden später in München und am Ende der Tour in Lindau statt. Die Resonanz auf das Format des direkten Austauschs war überaus positiv. Sowohl die Radler:innen als auch andere interessierte Teilnehmer lobten die Möglichkeit zum konstruktiven, niederschwelligen Informationsaustausch und fühlten sich durch diesen inspiriert, sich weiter mit friedenspolitischen Themen zu befassen.

Nach einer Auftaktkundgebung und Verabschiedung durch Eva Bulling-Schröter in Ingolstadt ging es am Samstag auf die Räder zu einer Fahrraddemo für Abrüstung nach Manching. Ein von der 3. Ingolstädter Bürgermeisterin Kleine zunächst zugesagte Begrüßung wurde einen Tag vor dem Demostart aus fragwürdigen Termingründen am Samstagvormittag zurückgezogen.

Airbus Defence ist der zweitgrößte Rüstungskonzern Europas und der Standort in Manching einer der größten Rüstungsstandorte in Bayern mit ca. 5.500 Mitarbeitern. Dort werden u.a. der Eurofighter produziert, Kampfjets, Transportmaschinen und AWACS Aufklärungsflieger für die Bundeswehr gewartet. Tommy Rödl – wesentlicher Initiator und langjähriger „Häuptling“ der FFT Bayern von 2004 bis 2019 – erwartete das Eintreffen der Demo geduldig im strömenden Regen, um dann einen Überblick über die Aktivitäten von Airbus Defence zu geben.

Wetterbedingt fiel die nächste Kundgebung in Pfaffenhofen sehr kurz aus und alle weiteren Zwischenstopps am ersten Fahrtag waren ganz und gar unpolitischer Natur: Regensachen an, Regensachen aus, an und aus – und so weiter. Bis wir an dem wunderschönen Badeweiher nahe Freising ankamen, waren wir so gründlich geduscht, dass niemand mehr Lust verspürte zu baden und wir dankbar waren, unter einer Markise sitzend eine Pizza genießen zu dürfen.

Mit nassen Zelten und kritischen Blicken auf die abwechselnd hell und dunkel aufziehenden Wolken schien es am Tag darauf ausgeschlossen, den Termin bei Krauss-Maffei-Wegmann in Allach halten zu können. Schließlich konnten wir die BI „Schule statt Panzer“ nicht ebenso im Regen stehen lassen, wie tags zuvor Tommy. Also abgesagt und durchgeradelt bis München zum nächsten Friedenscafé im Eine-Welt-Haus. Wie gut es sich im Trockenen doch diskutieren lässt!

Bei den Kundgebungen am 3. Fahrtag in Starnberg und Weilheim hatten wir mehr Wetterglück und konnten mit einer von Franziska Maier gestalteten Plakataktion zum AVV, einem Infotisch und dem aufblasbaren zerbrochenen Gewehr einige Menschen und in Weilheim auch die Presse für unser Anliegen interessieren. Unser musikalischer Mitradler, Claus Hofmann (Bandleader der „Ruam“), stimmte mit einem Friedenslied ein und die Tour-Sprecherin, Maria Feckl, warb als Rednerin um Unterstützung, die deutsche Regierung zur Unterzeichnung des UN-Atomwaffenvertrages aufzufordern und Bürgermeister zu einer Mitgliedschaft bei den Mayors for Peace zu bewegen.

Nach einer weggespülten Kundgebung in Schongau am Vormittag des 4. Tages ging es nachmittags zum einem Highlight der Tour. In Kaufbeuren konnten wir – dank der Zusammenarbeit mit der Kaufbeuerer Initiative für Frieden, Internationalen Ausgleich und Sicherheit (KIFIAS) eine überdachte Bühne für unseren Auftritt nutzen. Für die KIFIAS sprachen Silvia Strauch und Rudi Krumm u.a. über den Luftwaffenstandort am Fliegerhorst Kaufbeuren. Die Touransprache hielt Andreas Zumach, der von Ingolstadt bis Kaufbeuren mit radelte.

Bereits im Rahmen der Vorgespräche für die Tourplanung hatten die Friedensaktivist:innen von KIFIAS ihren Bürgermeister Stefan Bosse (CSU) davon überzeugen können, Mitglied bei den Mayors for Peace zu werden und später erreichte uns in Lindau die Nachricht, dass die neue Mitgliedschaft tatsächlich besteht.

Für den Abend hatte KIFIAS den Vortrag von Andreas Zumach zum Thema „Krieg in der Ukraine und kein Ende?“ vorab beworben, so dass der Saal mit ca. 120 Zuhörer:innen gut gefüllt war.  Den Vortrag hat Martina Jäger aufgezeichnet und er wird demnächst online zu sehen sein.

Bei den Kundgebungen der nächsten Tage hatten wir keine Friedensgruppen vorab erreichen können. Angemeldet waren ursprünglich jeweils die zentralen Punkte im Ortskern, was – mit Ausnahme von Füssen – auch unproblematisch war. Füssen hatte uns zweimal neue Plätze zugewiesen, eine versprochene Sperrung war nicht erfolgt die Polizei vor Ort zeigte wenig Kooperationsbereitschaft. In Marktoberdorf, Immenstadt und Oberstaufen waren die Behörden deutlich freundlicher. Doch letztlich sorgte das sehr durchwachsene Wetter an allen Orten im Allgäu dafür, dass die Fußgängerzonen nur mäßig besucht waren und wir nicht viele Menschen anlocken konnten.

Die Fahrtage durch die wunderschöne Landschaft im Allgäu und auch die abschnittseisen Sonnenstunden haben uns für die Strapazen der Steigungen, des teils heftigen Gegenwindes und des wiederkehrenden Regens dann doch immer wieder entschädigt. Und so konnte uns Werner Mesnaric als „Tourguide“ in immer noch guter Stimmung am Fr. 4.8. pannenfrei bis Lindau führen.

Der Aktionstag am 5.8. in Lindau umfasste eine Führung in den friedensräumen, einen 4-stündigen Infostand am Alten Rathaus, Kundgebung und Plakataktion sowie eine Begrüßung durch die 3. Bürgermeisterin Frau Dorfmüller (SPD). Diese berichtete, dass Lindau nicht nur seit 2006 den Mayors for Peace beigetreten ist, sondern sich noch immer als atomwaffenfreie Stadt definiert. Ferner veranstalteten wir erneut ein Friedenscafé und ein mit der Tour de Natur gemeinsam gestaltetes Umwelt-und  Friedensfest.

Tommy Rödl – nochmals angereist – erläuterte in einer spannenden Rede >> hier der Text << die Vorgeschichte zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und dem Versagen der westlichen Politik und begründete die pazifistischen Forderungen nach einem sofortigen Waffenstillstand, Verhandlungen und Abrüstung.

Am dritten Friedenscafé der Tour konnten nur ca. 10 „unserer“ Mitradler:innen teilnehmen, da wir nur 40 Plätze zur Verfügung hatten und ca. 30 für die Teilnehmer:innen der Tour de Natur zur Verfügung gestellt wurden. Erneut wurde über die unterschiedlichen Aspekte zum Krieg in der Ukraine diskutiert und die Resonanz der Teilnehmer:innen aus dem Kreis der „Ökoradler:innen“, deren einziger Kritikpunkt war, dass die Diskussionszeiten zu kurz bemessen gewesen seien, bestätigte einmal mehr unser „Bauchgefühl“, das der Idee des Friedenscafes zugrundeliegt:

Das Friedenscafe wurde dazu konzipiert, Menschen, die nicht originär in der Friedensbewegung verortet sind, anzusprechen und mit pazifistischen Sichtweisen in Kontakt zu bringen. Von Mensch zu Mensch – oder von Radler:in zu Radler:in.

Zum Abschluss gestalteten wir – gemeinsam mit der Tour de Natur ein „Umwelt- und Friedensfest“ mit Ansprachen, Musik und vielen nachdenklichen Tönen – leider bei  weiter fallenden Temperaturen – so dass wir uns gegen 21.00h schon zum Campingplatz zurückzogen.

Mein Resümee:

Was heißt erfolgreich? Wir haben – trotz der schwierigsten Wetterbedingungen seit 2004 – wieder einige Menschen erreicht, einige Presseberichte ausgelöst und einige Menschen neu kennengelernt und hoffentlich einige Sympathisant:innen dazugewonnen. Wir haben die Tour gemeinsam bewältigt, viel gelacht und uns über das Zeitgeschehen ausgetauscht. Mit den Friedenscafes haben wir ein neues Format gefunden, das geeignet ist, „gesinnungsverwandte“ Gruppen und Strömungen anzusprechen. Darin steckt Potential. Wir haben die Welt nicht umgekrempelt aber wir haben einmal mehr gegeben, was wir konnten. Frieden braucht einen langen Atem!

Johanna Pfeffer, Co-Organisatorin der Friedensfahrradtour 2023